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Exposition in Plauen | „Vater und Sohn“ nehmen Hitler auf die Schippe

vater-sohn-bizExpostion in der Galerie e.o.plauen: Wie „Vater und Sohn“ Adolf Hitler auf die Schippe nehmen…

Sind e.o.plauens Idyllen Geschichten mit doppeltem Boden?

 

Haben Sie die Geschichten von Vater und Sohn, jene bis heute vielfach verlegten Bilder-Strips aus der Mitte der 1930er Jahre tatsächlich schon einmal genau betrachtet? Falls Ihre Antwort: „Selbstverständlich!“ lautet, muss man Sie fragen, ob Sie sich da auch sicher sind?

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Im Jahre 2006 entdeckte ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Plauener Kulturbetriebes eine kleine Hitlerfigur bei Vater und Sohn im Auto. Dem war nachzugehen – im Ergebnis des Forschungsprojektes eröffnet nun am 17. Januar 2009 20.00 Uhr in der Galerie e.o.plauen (1903-1944) die Exposition: Wie „Vater und Sohn“ Adolf Hitler auf die Schippe nehmen…

 

Die Ausstellung beschäftigt sich mit dem doppelten Boden der Geschichten und wird vom 18.01.2009 bis 3.5.2009 zu sehen sein. Gleichzeitig erscheint ein umfangreich bebildertes Buch zum Projekt

 

Zur Geschichte: Der Ullsteinverlag zeigte Ohsers Vater und Sohn zuerst in der Berliner Illustrirten Zeitung (BIZ). Begeistert aufgenommen, verstärken Beide die an sich schon enorme Resonanz, der damals auflagenstärksten periodischen Zeitschrift Deutschlands. In der Folge werden die bewunderten Figuren zu Imageträgern und Objekten eines bis dahin so nicht gekannten Merchandisings. Fast gleichzeitig mit dem Illustrirten-Abdruck bringt das Verlagshaus die Strips in drei Buchausgaben heraus. Ein Klassiker der Branche ist geboren. Noch heute erscheinen die gelben, roten, blauen Hefte beim Südverlag Konstanz.

 

Doch in den Bänden verliert sich zwangsläufig Wesentliches: Der Hintergrund. Bis auf wenige plakative Beispiele, geht der Dialog zwischen den Erfindungen Ohsers und der NS-Zeitgeschichte fast vollständig verloren. Übrig bleibt die nahezu heile Welt von Vater und Sohn. Bis heute wird der Abgang der historischen Grundierung jedoch nicht als Nachteil empfunden. Der Betrachter kommt gut ohne die nahezu ausgeblendete NS-Totale aus. Doch dieser Schwund rächt sich beim Betrachter mit mangelnder Tiefenschärfe. Dabei bebilderte die große BIZ, Deutschlands wichtigstes visuelles Medium neben den Kino-Wochenschauen, ausgesprochen intensiv das nationalsozialistische Jahrzwölft – offenbart das zum tieferen Verständnis unverzichtbare Geschehen. Und mehr noch! Ullstein-Redakteure arrangieren absichtsvoll die papiernen Attentate, als die viele Episoden aus e.o.plauens Feder inzwischen verstanden werden, mit Fotografien, Titel- und Texten. Mithin stehen diverse politische Aufnahmen in inhaltlichem wie kompositorischen Bezug zu den Bilder-Strips. Der BIZ gelingen auf diese Weise ironische Kommentare zur NS-Volksgemeinschaft, der Naziclique und dem brandigen Zeitgeist. Nicht selten wandeln sich e.o.plauens Abenteuer so in verblüffend scharfe Satiren. Ohser & Co. setzen auf hellsichtige Intelligenz, auf sensible und genaue Betrachter – unternehmen das Wagnis, ihre Zeitgenossen zum heimlichen Feixen zu bringen. Nicht zuletzt bewahrt sich Erich Ohser in der frappanten Entwicklung, die ihn als Zeichner vom sozialdemokratischen Vorwärts (1929-1933) über die Berliner Illustrirte Zeitung (1934-1940) zur Wochenschrift Das Reich (1940-1944) führt, eine eindrucksvolle liberale und humane Integrität. Jene Anklage vor dem NS-Volksgerichtshof, die e.o.plauen Anfang April 1944 ereilt, wie sein Freitod in der Alt-Moabiter Untersuchungshaft, sind letzte Konsequenzen solcher Haltung.

 

Wurde Ihr Interesse an Vater und Sohn, dem ersten deutschen Langzeit-Comic, erneut geweckt? Wenn ja, dann blicken Sie in die Kulissen der historischen Berliner Illustrirten Zeitung. In der Galerie e.o.plauen begegnen Sie den aufschlussreichsten Szenen noch einmal. Ausführliche Hintergrundinformationen kann jeder auf Nachfrage bei der Galerie e.o.plauen erhalten: 03741/ 291 2344 | galerie-e.o.plauen@freenet.de (dmm/ce)

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20.12.2008

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