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Blawen wird Stadt der Tuchmacher

Spitzengeschichte 21

Rathaus PlauenMit beginnendem 15. Jahrhundert entwickelte sich in der Gegend von stad Blawen (Plauen) die Flößerei von Nutz- und Brennholz, das bis hinunter nach Leipzig, der Stadt der reichen Kaufleute, und nach Halle, der Salzsiederstadt, transportiert wurde.

In bescheidenem Maße wurden auch Eisen-, Kupfer-, Zinnerz und Flussspat bergmännisch abgebaut, wurden Diabas, Granit, Schiefer und Kalk gebrochen. Und wie schon von alters her wurden in Plauen und Elsterberg Häute zu Leder gegerbt. Wie die Kargheit des Landes aus Bauern Handwerker machte, beschrieb der Historiker Louis Bein im Jahre 1884. “Eine unwirtliche Berg- und Waldgegend, wie das Vogtland noch immer war, musste ihre Bewohner frühzeitig zu ihrer Selbsterhaltung an Stelle der, für den Unterhalt nicht ausreichenden, Landwirtschaft einer gewerblichen Nebentätigkeit zuführen.

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Die Beschaffenheit des Landes musste also auch von entscheidendem Einfluss für seine Bewohner werden, indem sie dem Voigtländer, die ihm zu allen Zeiten attestierte Arbeitsamkeit, Ausdauer, Bedürfnislosigkeit und eine mit Redlichkeit gepaarte Naturwüchsigkeit anerzog.” So entstand aus dem Land selbst der Impuls für die frühe Entwicklung der handwerklichen Produktion. Eine Entwicklung, wie sie im benachbarten Erzgebirge und auch in der Schweiz identisch verlief. Es wurde Landwirtschaft überwiegend als Viehzucht betrieben, die trotz des guten Rufs ihrer speziellen Rassen wie “Voigtländer”, “Berner” und “Schwyzer Schlag” nirgends genügenden Gewinn abwarf. Besonders aber die Gebirgsflüsse – wie die Elster mit ihrem kalkarmen, weichen Wasser – wurden zu einem wesentlichen Faktor für die Entwicklung der Produktion.

Allerdings bedurfte es für die entscheidenden Entwicklungen immer auch energischer Impulse von außen. Für das Voigtland wurden solche Anstöße im ausgehenden Mittelalter durch das Anwachsen des Handels und die Ansiedlung holländischer Handwerker vermittelt. Die reisenden Kaufleute zwischen Nürnberg und Leipzig, die sich selbst Fieranten nannten, im Vogtland aber Zuleger hießen, nahmen maßgeblich Einfluss auf die Entwicklung der Zünfte und Innungen. Als der Brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm im Jahr 1669 gar seinen „Großen Graben“ (Oder-Spree-Kanal) in Betrieb setzen ließ, nahmen nach Leipziger Schätzungen bereits im Jahr seiner Eröffnung ein Viertel der schlesischen und polnischen Waren ihren Weg nach Hamburg über die Doppelstadt Berlin-Cölln und somit an Leipzig vorbei.

Die Stadt Magdeburg kam 1680 von Sachsen an Brandenburg, das damit auch den Elbhandel kontrollierte. Die Elbe war Zugang in die wirtschaftlich aufblühenden Niederlande und nach England, bot somit Anschluss zum Welthandel. Durch Brandenburgs Zölle und Zwangsmaßnahmen wurde der Transport auf diesem Wege aber so stark verteuert, dass selbst Hollands reiche Handelsherren auf Jahre ihre Waren auf dem Landweg über Kassel und Erfurt zur Leipziger Messe führten. Was für Leipzig ein herber Schlag, war für Blawen ein wahrer Segen. Denn so blieb das Voigtland weiter an der für Sachsen auf weitere zweihundert Jahre sehr bedeutsamen alten Handelsstraße beteiligt.

Durch den Zustrom von ca. 150.000 protestantischer „Exulante“, wie man die Religionsflüchtlinge aus Böhmen und Österreich nannte, setzte in Sachsen nach dem Dreißigjährigen Krieg schneller als in anderen deutschen Ländern der wirtschaftliche Aufschwung ein, im Voigtland etablierten sich neue Gewerbezweige wie der Musikinstrumentenbau. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden in Sachsen etwa 20 Manufakturen gegründet.

In Blawen, das zu dieser Zeit zum Zentrum der sächsischen Baumwollherstellung aufstieg, wurden 1667 zweiundfünfzig Schleierhändler gezählt. Mit der Gründung der ersten Manufaktur durch einen Leipziger Händler am Mühlberg, unterhalb des damaligen Straßberger Tores, beginnt 1701 in Blawen ein neues Zeitalter. Es war der Impuls für den Aufstieg der Stadt zum „Hauptort in Deutschland für Weberei weißer Baumwollwaren (PLAUENSCHE WAREN)“, wie es Brockhaus’ Konversations-Lexikon im Jahr 1895 beschrieb. (ce)

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Die Redaktion bedankt sich bei Achim Leißner für die Zuarbeit.

13.10.2008

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