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David gegen Goliath

Spitzengeschichte 28

  Meißener Markgraf Friedrich III Im Vogtländischen Krieg von 1354 bis 1358 bekamen es die Herren von Weida, Gera und Plauen mit übermächtigen Gegnern zu tun. Kaiser Karl IV. und die Wettiner nahmen den Vögten den größten Teil ihres Besitzes ab. Der Titel ging dabei gleich mit flöten.

Es war wie in der Parabel von den zwei Brüdern: Solange der größere die Hand schützend über den kleinen hielt, traute sich niemand, dem etwas zu tun. Als der große Bruder aber nicht mehr da war, gab’s Saures für den Junior. Der größere Bruder, das sind in diesem Gleichnis die Kaiser, die kleinen, das waren die Vögte von Weida, Gera und Plauen.

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Von ihrem Stammsitz Weida aus hatten sie sich unter den Staufern* ehrgeizig von Reichsbeamten zu Landesherren emporgearbeitet. Die Kaiser standen hinter ihren Verwaltern vor Ort, den Ministerialen, schließlich hielten die ja das große Reich zusammen, sorgten im Auftrag der Krone bis in den letzten Winkel für Recht und Ordnung. Für die Weidaer war das 13. Jahrhundert eine gute Zeit. Sie durften sich Vögte nennen, für das Jahr 1209 ist dieser Titel erstmalig urkundlich nachgewiesen, stiegen auf in den Adelsstand und standen, für den Fachmann im Vertrag von Grimma 1254 nachzulesen, den Markgrafen von Meißen, den Wettinern, gleichberechtigt gegenüber. Sie waren Landesherren, anerkannt von Kaiser Rudolf (1273 – 1291) und bestätigt von Kaiser Ludwig dem Bayern (1314 – 1347) in dessen Goldener Bulle (1329), und nur diesen unterstellt.

Aber Aufstieg und endgültiger Fall der Vögte sind eine andere Geschichte, die wir aufschieben auf einen späteren „Historikus“. Während sich die Herren von Weida, Gera, Plauen älterer und jüngerer Linie (Reußen) also ihrer Reichsunmittelbarkeit erfreuten, begannen Anfang des 14. Jahrhunderts düstere Wolken über der Landesherrlichkeit aufzuziehen. Das Vogtland war umgeben von Feudalhäusern der ersten Garnitur: im Südosten saßen die Könige von Böhmen, im Südwesten die Burggrafen von Nürnberg und im Norden die Markgrafen von Meißen, seit 1247 auch Landgrafen von Thüringen. Die mächtigen Nachbarn warfen begehrliche Blicke auf den Besitz der Aufsteiger.

Der war zwar nicht riesig, aber für Expansionsgelüste durchaus attraktiv. Um 1350 reichte das Land der vier Vogtslinien im Norden etwa bis Gera, Ronneburg und Schmölln, im Osten bis hinter Werdau, im Westen bis Lobenstein und im Süden bis an die heutige Landesgrenze mit Tschechien. Vielleicht hätten sich die Vögte besser behaupten können, hätten sie politisch an einem Strang gezogen. Aber sie taten gerade das Gegenteil. Die Weidaer und Geraer schlossen sich den Wettinern an, während das ältere Haus Plauen sich 1327 unter die Lehenshoheit** der böhmischen Krone stellte und damit sich damit des Schutzes durch König Johann versicherte. Doch der Plan der Plauener ging nicht lange auf. 1347 beerbte Karl I., später als Karl IV. einer der bedeutendsten europäischen Herrscher seiner Zeit, seinen Vater. Die Politik des neuen Böhmenkönigs war eine andere als die seines alten Herrn: Karl interessierte vor allem die Stärkung der Hausmacht seines Geschlechtes, der Luxemburger.

Gleiches hatten die Wettiner im Sinn, nach der Einverleibung des Pleißenlandes so richtig auf den Geschmack gekommen. Die Region zwischen Westerzgebirge und Leipziger Tieflandsbucht war ebenso wie das Vogtland Reichsterritorium gewesen, die Ministerialen dort selbst zu Landesherren aufgestiegen, ehe sie ihren Besitz 1324 an die Markgrafen von Meißen abtreten mussten. Die Eroberung hatte den Wettinern Appetit auf mehr gemacht, als nächstes geriet das Vogtland ins Visier. Eine Gelegenheit sollte nicht lange auf sich warten lassen. 1354 beschwerte sich Landgraf Friedrich III., die Vögte würden das Raubwesen in ihrem Land unterstützen. Das gab den Anlass für eine gemeinsame Vergeltungsaktion „gegen die Räuber“ an der, auf Ersuchen Karls, auch Erfurt und weitere thüringische Städte teilnahmen.

Im Verlauf des Gewaltaktes sollen im Vogtland mindestens 60 Burgen vernichtet worden sein *. Dabei kannten die Angreifer kein Erbarmen, selbst wer sich freiwillig ergab und seinen Sitz zum „offenen Haus“ erklärte, wie es die Lobdeburger in Elsterberg taten, kam nicht ungeschoren davon. Die Burg dort wurde anschließend immerhin wieder aufgebaut, andere Anlagen, wie die von Neumark, Posseck und Gattendorf, dagegen komplett geschleift. Dem gewaltsamen Ausverkauf ihres Landbesitzes hatten die Vögte, zumal geschwächt durch immer drückendere Schulden, nichts entgegenzusetzen. Ihre Zeit als eigenständige Landesherrscher neigte sich dem Ende zu.

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Die Geraer mussten die Wettiner als Lehnsherren anerkennen, ebenso die Reußen, die jüngere Linie der Plauener Vögte. Von deren Besitz forderte auch der Böhmenkönig 1357 ein Filetstück, die Herrschaften Mylau und Reichenbach. Beide Städte wären, so verbrämte Karl seinen Anspruch rechtlich, seinem Geschlecht 1212 von Kaiser Friedrich II. übergeben worden, nachzulesen in einer wieder aufgetauchten Schenkungsurkunde. Die Reußen sahen die Orte nie wieder, sie blieben bis 1422 böhmisch und kamen anschließend in wettinischen Besitz.

Die Weidaer konnten die Stadt Hof und das Regnitzland (heute bayerischer und böhmischer Teil des Vogtlands) nicht halten. Für diese Gebiete waren sie den Burggrafen von Nürnberg schon seit 1318 lehenspflichtig, jedoch hatten die anfänglich kaum Einfluss. Jetzt aber saßen die Burggrafen am längeren Hebel. 1354 mussten die Weidaer ihnen erneut huldigen, also den Untertaneneid leisten, 1373 schließlich verkaufte Heinrich von Weida Hof und das Regnitzland an die Nürnberger. Besonders hart traf der Vogtländische Krieg die ältere Linie des Hauses Plauen. Heinrich IV., der Lange, war gezwungen, sein Erbteil (der Besitz der Plauener Vögte war 1348 noch einmal geteilt worden) zu verkaufen. Mühltroff, Pausa, Triptis, Ziegenrück, Auma, Hirschberg, außerdem Voigtsberg, Adorf, Markneukirchen, Sachsgrün, Schönberg, Gattendorf und Neuberg (Podhradí) fielen an die Wettiner. Heinrich selbst wurde aus dem Vogtland vertrieben, am Ende seines Lebens gehörte ihm nur noch ein Freihaus in Dresden.

Vom Beutezug der übermächtigen Nachbarn sollten sich die Vögte nicht mehr erholen. Sie versanken in der politischen Bedeutungslosigkeit, und mit ihnen allmählich auch ihr Titel: Seit Mitte des 14. Jahrhunderts ließen sich die Mitglieder aller Vogtslinien nur noch als „Herren“ anreden. (Text/Bild: PbK)
Bild: Nahmen die Vögte in die Mangel: der Thüringer Land- und Meißener Markgraf Friedrich III.

Die Spitzengeschichten werden Ihnen präsentiert vom Historikus Vogtland. >> zum Historikus Vogtland

25.03.2009

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