- Donnerstag, 5 Juni 2025, 11:36 Uhr | Lesezeit ca. 4 Min.
Privatinitiative: Reichenbach eröffnet innovatives ambulantes OP-Zentrum
Zukunftsweisend: Gesundheitsprojekt soll Versorgung im Vogtland stärken
Im ehemaligen Krankenhaus Reichenbach wird wieder operiert: Das neue ambulante OP-Zentrum des Praxisnah MVZ hat seinen Betrieb aufgenommen. Mit einem innovativen Konzept und interdisziplinärer Zusammenarbeit soll die wohnortnahe Versorgung gestärkt werden. Doch das Projekt steht auch vor finanziellen Herausforderungen.

Start mit einem Operationstag pro Woche
Im Gesundheitszentrum Reichenbach, das im ehemaligen Krankenhaus untergebracht ist, hat das Praxisnah MVZ den Betrieb eines ambulanten OP-Zentrums aufgenommen. Die ersten Eingriffe fanden bereits statt. Die Gynäkologin Katherina Meissner und Facharzt Mohammad Al Houri entfernten unter anderem einen Port nach abgeschlossener Chemotherapie. Die angebotenen Leistungen reichen von Ausschabungen über Zystenentfernungen bis zu Bauchspiegelungen und dem Lösen von Verwachsungen.
„Ambulante, wohnortnahe Versorgung ohne Operieren funktioniert nicht“
Thomas Hohlfeld, MVZ-Geschäftsführer
Ein ehemaliger OP-Saal wurde aufwendig reaktiviert. Neue Stromversorgung samt Batterietechnik, Wartung, und eine gründliche Prüfung durch das Gesundheitsamt gingen der Wiedereröffnung voraus. Aktuell findet ein OP-Tag pro Woche statt, das Team umfasst drei OP-Schwestern und einen externen Narkosearzt vom AOZ Chemnitz. Die Sterilgutversorgung übernimmt die im gleichen Komplex ansässige Firma Steri Sachsen.
Ein OP-Saal – viele Möglichkeiten
Die mittelfristigen Pläne sind ehrgeizig: Ziel ist, den OP-Saal bis Anfang 2026 voll auszulasten und perspektivisch einen zweiten zu eröffnen. Das Interesse ist vorhanden – etwa von den im Haus tätigen Urologen, von Neurochirurg André Roth und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg Lutz Seifert. „Auch externe Ärzte können sich bei uns einmieten“, erklärt Hohlfeld.
„Wir wollen perspektivisch das gesamte OP-Spektrum abdecken, auch in der Chirurgie und Orthopädie“, so der MVZ-Geschäftsführer. Aktuell seien Termine noch kurzfristig und ohne Wartezeiten möglich. Die Vorstellung des Projekts sorgte bereits zur Eröffnung für großes öffentliches Interesse und einen regelrechten Medienandrang – ein Indiz für die überregionale Bedeutung des Vorhabens.
Einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Gesundheitszentrums hat Investor Kilian Lange, der das insolvente Krankenhaus in Reichenbach samt Inventar erworben hat. Er stellt die Infrastruktur für den MVZ-Betrieb bereit und entwickelt die Immobilie schrittweise weiter. Auch die geplante Wiedereröffnung der Radiologie und zusätzliche Patientenparkplätze zählen zu seinen Vorhaben.


Pionierarbeit ohne Fördermittel
Das Projekt in Reichenbach gilt als wegweisend. „Wir haben das MVZ aus reiner Privatinitiative entwickelt. Keine staatliche Stelle gab etwas dazu“, sagt Hohlfeld. Die MVZ GmbH wurde von Professor Thomas Frese gegründet und nahm im Herbst vergangenen Jahres ihren Betrieb auf. Die Zusammenarbeit mit Investor Kilian Lange habe das Vorhaben erst möglich gemacht.
„In zehn Jahren wäre der Komplex wohl verfallen. Es ist eine sportliche Leistung, diese Sonderimmobilie mit so viel Leben zu füllen“
André Roth, Neurochirurg
Trotz der positiven Resonanz steht das Modellprojekt unter Druck: „Das Sozialgesetzbuch kennt nur Hausarzt oder Krankenhaus. In der jetzigen Struktur ist das OP-Zentrum nicht kostendeckend zu führen“, sagt Hohlfeld. Der Betrieb werde aktuell querfinanziert. „Wir glauben an die Zukunft, fordern aber andere Vergütungsstrukturen.“
Radiologie soll folgen
Ein nächster Meilenstein ist bereits geplant: die Wiedereröffnung der Radiologie. Hohlfeld stellt erste Leistungen wie Röntgen und Mammografie in Aussicht.
„MRT und Co. wollen wir ab 2026 anbieten. Rund eine Million Euro kostet das. Über einen Zuschuss würden wir uns freuen“
Thomas Hohlfeld, MVZ-Geschäftsführer
Auch auf dem Gelände selbst geht die Entwicklung weiter. Derzeit wird das Kursana-Pflegeheim, das bislang über die Klinik mit Heizung, Warmwasser und Trinkwasser versorgt wurde, technisch abgekoppelt und erhält eigene Hausanschlüsse. Rund 40 neue Patientenparkplätze sind am MVZ geplant – ein weiterer Schritt, um die ambulante Versorgung vor Ort zu stärken.
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