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100 Ausbildungsstellen bleiben unbesetzt

Auf der Suche nach Lehrlingen

190911 LehrlingeDie Anforderungen in der Berufswelt steigen und die Voraussetzungen der Azubis sinken. Eine bedenkliche Entwicklung ist auf dem Arbeitsmarkt zu spüren. Fehlende Bewerber werden zunehmend zu einem Problem in vielen Unternehmen im Vogtland. Wir stellen drei vor, die Ausbildungsstellen in diesem Jahr nicht besetzen können.

Viele Firmen im Vogtland stehen vor einem Mitarbeiterproblem. Die Belegschaft wird immer älter und den eigenen Nachwuchs und damit die künftigen Fachkräfte selbst auszubilden immer schwieriger. Die Anforderungen an die verschiedenen Berufe in der Wirtschaft wachsen – viele Schulabgänger kommen nicht mehr mit, sind überfordert und bleiben auf der Strecke.

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Ungenügende Noten in Mathe und Physik, falsche Vorstellungen, fehlende Leistungsbereitschaft und mangelhaftes Allgemeinwissen sind meistens die Kriterien, die bei zahlreichen Bewerbern eine Einstellung scheitern lassen. Und als diese Entwicklung nicht schon unerfreulich genug ist, haben einige Betriebe noch damit zu kämpfen, dass sie auf ihre ausgeschriebene Lehrstelle überhaupt keine Bewerbungen im Briefkasten haben. Diese Erfahrung musste Wilfried Marschner machen. Er ist Geschäftsführer des deutschlandweit agierenden und in Auerbach ansässigen Klempner- und Installationsbetriebes Proklin. Das zweite Jahr infolge kann Marschner die Ausbildungsstelle zum Dach-Klempner nicht besetzten, sagt er. Eine Entwicklung wie sie in dem über 51-Jahre bestehenden Betrieb noch nicht da gewesen sei. Der Auerbacher bildet auch noch einen Anlagenmechaniker aus. Hier laufe es etwas besser. Von den insgesamt nur vier abgegebenen Bewerbungen in diesem Jahr konnte ein junger Mensch genommen werden. Besonders auf die Kopfnoten achte der Chef. „Wir machen es nicht an der einzelnen Note fest, aber die Bewerber müssen rechnen können.“

Dass die Bewerberzahl zurück geht und sich das Basiswissen der Schüler verschlechtert, stellt Marschner seit etwa zwei Jahren fest. „Wir finden keine jungen Leute mehr, die Interesse an dem Handwerk haben. Und die, die wir finden, sind von den schulischen Leistungen schlecht.“ Weitere Probleme seien die Abwanderung und die finanzielle Situation. Marschner könne seinen Auszubildenden nicht so viel wie in der Industrie oder in den Altbundesländern zahlen, sagt er.

Angesagt ist bei den Schulabgängern die IT-Branche. Aber auch hier ist es schwer, einen geeigneten Bewerber zu finden, wie Christian Fitz, Marketingleiter bei Hetzner Online in Falkenstein, sagt. Da der Standort des Internetdienstleisters im Gewerbegebiet Siebenhitz im Wachsen ist, würden in vielen Bereichen noch Auszubildende gesucht werden. Dies sei aber sehr schwierig. „Es fehlt das technische Fachwissen.“ Seit zwei Jahren kann auch hier eine Stelle nicht besetzt werden. Keine Bewerbungen für die Ausbildung als Elektroniker für Betriebstechnik erreichen das Unternehmen. Warum? „Das fragen wir uns auch“, sagt Fitz. Auch die Beteiligung an Messen oder der Gang in Schulen habe bisher keinen Erfolg für die Stelle gebracht. Bewerben können sich auch Hauptschulabgänger. „Für uns sind gute Mathematik- und Physikkenntnisse wichtig. Wir legen auf Noten sehr hohen Wert.“ Wer sich mit einer vier in Mathe bei Hetzner bewirbt, habe keine Chancen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, meint Fitz.

Stark auf die eigene Ausbildung setzt der im Plauener Gewerbegebiet Reißig zu findende Druckspezialist Süddruck Neumann. Die Übernahmequote ist besonders hoch, sagt Prokuristin Bettina Merten. Viele ehemalige Lehrlinge hätten Führungspositionen erreicht. Erstmals seit Standortbestehen in Plauen kann in diesem Jahr kein Drucker ausgebildet werden. Von den 15 Bewerbern sind fünf eingeladen worden. Die Voraussetzungen erfüllte keiner. Besonders in den Hauptfächer seien die Noten bei den Schulabgängern schlechter geworden. „Der Anspruch an den Beruf ist extrem gestiegen. Man muss überall Bescheid wissen.“ Dass immer weniger Bewerbungen eingehen, sei auch auf das nachlassende Interesse an der Ausbildung zum Drucker zurückzuführen. „Wir werden etwas tun müssen“, so Bettina Merten.

Etwas tun will auch die Agentur für Arbeit. Gemeinsam mit dem Amt für Wirtschaftsförderung des Landkreises und mit Beteiligung der Kreisstädte sowie von IHK und HWK soll die Initiative „Lernen, arbeiten und leben im Vogtland“ starten. Agenturchefin Helga Lutz schätzt, dass in diesem Jahr 100 Ausbildungsstellen in der Region nicht besetzt werden können. Momentan gebe es fast 350 freie Lehrstellen und rund 270 Jugendliche ohne Ausbildungsplatz. (mar)

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2011-09-19

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