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Plauen in den 50er Jahren

Spitzengeschichte 03

Jeder dritte Abgewanderte war ein Arbeiter. (Demgegenüber standen auch Rückkehrer, wenngleich fünfmal weniger, was in Dokumentationen über Republikflucht trotzdem gern unerwähnt gelassen wird.) Gründe, der DDR den Rücken zu kehren, gab es verschiedene. Einen wesentlichen erkannte eine interne Analyse “Über den Stand der Republikflucht” der Abteilung für Innere Angelegenheiten beim Rat der Stadt Plauen vom November 1956 in der “starken Anziehungskraft, die die Preise (in der BRD – d. V.) für Textilien, Schuhwaren, Gebrauchsartikel, Motorräder, Autos sowie das große Angebot auf die Besucher ausüben”.

Zwecksparen kam in Mode

 

Für größere Anschaffungen auf einen Schlag reichte das Verdiente und Angesparte meist trotzdem nicht. Ab 1. Oktober 1956 bot der Einzelhandel deshalb für bestimmte Industriewaren Teilzahlungskäufe an. Zehn Prozent des monatlichen Nettoeinkommens, bei Löhnen über 700 Mark 15 Prozent, waren anzuzahlen, die gleiche Rate wurde monatlich bis zur endgültigen Tilgung fällig. Bei einem Zinssatz von 0,35 Prozent griff die Kundschaft rege zu, ein halbes Jahr nach Einführung der Kredite wurden Textilien, Teppiche, Möbel und Musiktruhen bei der HO zu 40 Prozent und beim Konsum zu 60 Prozent auf Raten erstanden. Gut gemeint war auch das so genannte Zwecksparen, das schon Anfang der 50er Jahre in Mode kam. Vor allem junge Männer wollten sich mit einem Ansparvertrag möglichst schnell den Traum vom eigenen Feuerstuhl erfüllen. Da die Produktion jedoch bald hoffnungslos hinter die Kundenwünsche zurückfiel, kassierte der Rat des Bezirkes ab Juni 1954 das Zwecksparen auf Motorräder wieder ein. Nicht unbedingt zur Freude der Plauener Stadt- und Kreissparkasse, die 1956 in einem Schreiben ans Rathaus zu bedenken gab, dass doch “beachtliche Summen für Zweckverträge” eingingen und “ein Verzicht auf diese Beträge (…) finanzpolitisch nicht zu vertreten wäre”. Schließlich entstünden dem Sparer keine Nachteile, er könne sich sein Geld ja auch für andere Zwecke auszahlen lassen.

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Aktion Vorwärts beendete Rationierung

 

Nachdem sich die Industrieproduktion in der DDR 1957 um acht und im ersten Halbjahr 1958 um zwölf Prozent erhöht und vor allem die Konsumgüterindustrie beträchtliche Fortschritte gemacht hatte, sah das SED-Politbüro nun, 13 Jahre nach dem Ende des Krieges und acht Jahre später als im westlichen Teil Deutschlands, den Zeitpunkt gekommen, die Rationierung aufzuheben. Am 29. Mai 1958 erließ die Regierung das “Gesetz zur Abschaffung der Lebensmittelkarten”. Die Regelung enthielt drei Maßnahmenbündel, die das Leben in der DDR leichter machten: 1. Die noch vorhandenen Lebensmittelkarten für Fleisch, Fett und Zucker wurden abgeschafft. 2. Es galten nun einheitliche, niedrigere Preise für alle Lebensmittel. Preissenkungen traten auch in Kraft für eine Reihe von Nahrungs- und Genussmitteln, in Gaststätten und auf Industriewaren. 3. Als Ausgleich für den Wegfall der Lebensmittelkarten erhielten Arbeiter und Angestellte mit einem Monatseinkommen bis zu 800 D-Mark gestaffelte Lohnzuschläge, Geringverdiener zusätzlich eine Lohnerhöhung. Bei einem Bruttoverdienst bis zu 183 Mark gab es so 37 Mark mehr, zwischen 650 und 800 Mark Bruttoeinkommen lag der Zuschuss nur noch bei bescheidenen fünf Mark. Rentner und Studenten bekamen ebenfalls einen Ausgleich von 9 beziehungsweise 10 Mark. Privatunternehmer, Gewerbetreibende sowie freischaffende Intelligenz gingen dagegen leer aus.

Kindergeld an Arbeiter und Angestellte zahlte der Staat in Höhe von 20 Mark pro Sprössling. Babys bescherten ihren Eltern eine einmalige Geburtenbeihilfe von 5.000 Mark für das erste Kind, beim zweiten und dritten gab es 6.000 und 7.000 Mark. Noch am Tag des Inkraftretens feierte die “Freie Presse” das Gesetz und stellte ausführlich die alten HO-Preise den neuen gegenüber. Ein Pfund Hackepeter kostete nun 4 statt 5,60 Mark, Hausmacherblutwurst, vorher 2,50 Mark, gab es jetzt für 1,25 Mark und die Bockwurst für 80 Pfennige statt für 1,26 Mark. Das Pfund Butter sank im Preis von 9,60 auf 4,90 Mark, der Liter Milch von 1,12 Mark auf 80 Pfennige. Zucker (500 g) verbilligte sich von 1,40 Mark auf 90 Pfennige, ein Windbeutel mit 30 Gramm Sahne von 75 auf 60 Pfennige. Für ein Leinenbettlaken bezahlte man nun 17,40 statt 23,50 Mark und für ein Paar Damenstrümpfe, 1. Wahl, in der billigeren Perlon-Hochdraht-Ausführung 7,60 statt 8,15 Mark. Keinen Grund zur Freude hatten lediglich die SpirituosenLiebhaber, Schnaps machte nämlich eine Ausnahme und wurde teurer. Vor den untergebenen Dienststellen und dem Handel selbst hielten die Gesetzesinitiatoren die Aufhebung der Rationierung bis zuletzt geheim.

Die Räte der Kreise erfuhren erst am Nachmittag des 27. Mai davon. Eilig waren die Leiter der Abteilungen Handel und Versorgung sowie Finanzen nach Karl-Marx-Stadt zum Rat des Bezirkes zitiert worden, wo man sie hinter verschlossenen Türen einweihte in die Beschlüsse aus Berlin mit den Tarnnamen “Aktion Vorwärts” (Preissenkungen) und “Aktion Aufbau” (Lohnerhöhungen). Um in den wenigen verbleibenden Stunden bis zum Morgen des 29. Mai die Mammutaufgabe in den Griff zu bekommen, stampften die Stadt- und Kreisverwaltungen noch am Abend des 27. Mai einen Operativstab aus dem Boden. Anschließend wurde, es war mittlerweile der 28. Mai, endlich auch der betroffene Einzelhandel informiert. In einer nun folgenden Abend- und Nachtaktion mussten tausende Waren neu bewertet und umgepreist werden, und zwar möglichst so unauffällig, dass nichts an die Bevölkerung durchsickerte. Die neuen Löhne und Preise hielten den örtlichen Staatsapparat noch einige Wochen auf Trab.

Das Gesetz zu realisieren war eine Mammutaufgabe, für die die Räte der Städte und Kreise eigens Arbeitsgruppen beriefen. Die einen kümmerten sich um Bestandsaufnahme, Umbewertung und Warenbereitstellung (im Stadtkreis Plauen beispielsweise betraf dies 1.600 Objekte, sprich Nahrungs- und genussmittelherstellende Betriebe, staatliche und private Einzelhandelsverkaufsstellen, Fleischereien und Gaststätten). Andere erledigten die Finanzen: Allein in Plauen waren 863.000 Mark Lohnzuschläge, 260.000 Mark Kindergeld und 168.000 Mark Rentenzuschüsse auszuzahlen. Wenn auch das Einkaufen nach dem Wegfall der Lebensmittelkarten 1958 etwas weniger frustrierend wurde, der Mangel verabschiedete sich deshalb keineswegs aus den Geschäften. Die Planungskünste der kommunalen Verwaltungen blieben daher auch nach dem Einzug des freien Verkaufszeitalters gefragt: Schon 1959 zerbrach sich wieder ein Organisationsstab aus Stadträten und Abteilungsleitern immer montags und donnerstags den Kopf, wie “die Versorgung im Stadtkreis Plauen im IV. Quartal” zu sichern wäre.

 

Tunnel_plauen_50er

Was übrig geblieben war vom Café Trömel am Plauener Tunnel (Gebäude links im Bild), wurde nach dem Krieg ein HO-Geschäft. Die Plauener nannten das notdürftig sanierte Überbleibsel des früheren Prachtrestaurants wenig schmeichelhaft “Pferdestall”. Foto: Historikus Vogtland
 

Auf Leistung arbeiten lohnte sich

Die beste Zeit für den Bauch kam jährlich zu Weihnachten. Dann füllten sich die Geschäfte mit Sonderkontingenten. Im Dezember 1955 waren die Lebensmittel-Lieferungen so reichlich ausgefallen, dass sich die Rathausplaner in der ersten Januarwoche 1956 sorgen mussten, die Überhänge von zwei bis drei Tonnen Gänsen in den HO-Geschäften könnten verderben, wenn sie nicht schleunigst abverkauft würden. Auch Obst und Gemüse war “gut und ausreichend im Angebot”, gab der Abteilungsleiter Handel/Versorgung zufrieden und wie stets streng vertraulich in seinem Situationsbericht an OB Sieber und in Durchschlägen an die SED-Kreisleitung und die Staatssicherheit weiter. Selbst mit Bananen, allerdings noch grünen, wurde Plauen üppig eingedeckt, so dass sich die Kisten in den Konsum-Reiferäumen am Goetheplatz bis unter die Decke stapelten. Auch Heiligabend 1957 fehlte es drei Tage vor der Bescherung im Handel weder an Rind, Kalb, Geflügel, Butter, Talg und Öl, noch an Sultaninen, süßen Mandeln, Zitronen, Apfelsinen oder Hartgemüse. Für Spitzenverdiener konnte sogar der Traum vom eigenen Auto wahr werden: Die Stadt Plauen bekam zwei Pkws Wartburg und einen Skoda aus dem 58er Kontingent vorfristig zugeteilt.

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Ein wenig Extravaganz hatte der volkseigene Handel nun auch für Normalbürger im Angebot. Für private Feierlichkeiten richtete die HO-Stadtküche Mittagsgedecke, Eisbomben, Torten und Abendbrotplatten an und lieferte frei Haus; Tischtücher, Besteck, Gläser und Geschirr inklusive. Am nächsten Tag wurde alles unabgewaschen wieder abgeholt. Selbst ein Kellner bediente auf Wunsch leihweise in den eigenen vier Wänden. Wem es 1957 zu Weihnachten 22,50 Mark wert war, Verwandte oder gute Bekannte in Übersee mit einem 1,25 Kilogramm-Stollen, eingelötet im Blechkanister und verpackt als Präsent, zu beglücken, der konnte dies beim HO-Lebensmittel-Kreisbetrieb Dresden-Nord in Auftrag geben. Die Leute leisteten sich wieder etwas, und das nicht mehr nur zu besonderen Anlässen. In den volkseigenen Betrieben (VEB) stiegen die monatlichen Durchschnittslöhne der Produktionsarbeiter von 326 D-Mark 1955 auf 374 Mark 1957. Statistische Spitzeneinkommen von 449 Mark erreichte 1957 das “Verkaufspersonal in HO-Gaststätten”, damit waren wohl Kellner gemeint. Mit weit weniger, 248 Mark, mussten sich Beschäftigte in Privatbetrieben begnügen.

“Obst und Gemüse – Angebot gut und ausreichend”

 

Als Punkt 18 auf die Tagesordnung gerufen wurde, verfinsterten sich die Mienen der Dezernenten. Denn was Herr Herzfeld den Plauener Stadträten auf deren Dienstsitzung am 22. November 1952 zu berichten hatte, war wenig erbaulich. Mit der guten Nachricht rückte der Leiter der Abteilung Handel und Versorgung vorsorglich am Anfang heraus: Die Kartoffeleinkellerung war abgeschlossen, der Bezug für das erste Quartal 1953 gesichert. Dann folgte eine lange Liste des Mangels. Bohnen, Linsen, Reis – gibt es nicht. Eier – Engpass. Obst und Gemüse – die ausgelieferten Mengen reichen zur Versorgung nicht aus, Gemüsekonserven ebenso wenig. Frischfisch – überhaupt nicht, Fischkonserven viel zu wenige. Zucker – Versorgung auf Markenbasis gesichert, auf HO-Basis (freier Verkauf) Problem, da 20 von 50 Tonnen nicht geliefert wurden. Nährmittel auf Hafer-, Gersten- und Weizenbasis – starker Mangel wegen Hamsterkäufen. Butter, Margarine, pflanzliche Fette – Nachfrage weit größer als vorhandene Mengen. Quark – statt Quark Abgabe von Magerkäse. Weihnachtsimporte – Zitronen vorhanden, Orangen und Walnüsse “avisiert”. Fleisch – Versorgung fürs letzte Quartal 1952 gesichert.

Der Referent hielt einen Moment inne und las weiter. Feuerung: Die Stadt wartet auf eine zusätzliche Brikett- und Braunkohlelieferung. Brennholz ist gleich gar nicht mehr eingeplant, es fehlen Waggons für den Transport. Im nächsten Punkt waren Industriewaren und Textilien an der Reihe. Schuhe – keine Lieferung von Lederschuhen für Plauen, schwarze Kunstlederschuhe fehlen völlig. Filzschuhe, dicke Unterwäsche und Strümpfe, Schals, Kopftücher, Handschuhe – starker Mangel. Bekleidung für Säuglinge und Kleinkinder – kommen nicht in den Handel. Haushaltwäsche – Bedarf steht kein Angebot gegenüber. Haushaltsporzellan – Angebot unzureichend, Steingut wollen die Leute nicht kaufen. Emaillewaren – Bedarf nicht gedeckt, Produkte aus Aluminium nicht so gesucht. Artikel zur Gesundheitspflege, chemische und pharmazeutische Erzeugnisse – zufrieden stellendes Angebot. Abteilungsleiter Handel/Versorgung Herzfeld war am Ende mit seinem Bericht – und auch mit seinem Latein. Den Leuten platzte ein halbes Jahr später der Kragen. Zigtausende gingen in vielen Städten auf die Straße, auch wegen der immerzu leeren Geschäfte.

Der “Neue Kurs”, den das Politbüro acht Tage zuvor beschlossen hatte, konnte den Aufstand vom 17. Juni 1953 nicht mehr verhindern. Die Korrekturen hatten die Verbesserung der Lebenshaltung zum Ziel, nach den Erhebungen wurden sie realisiert. Ab 1. Juli erhielten wieder alle Bevölkerungsschichten Lebensmittelkarten. Handwerk, privater Handel und Industrie konnten nun Kredite aufnehmen, der Abschluss von Agenturverträgen des Privathandels mit der staatlichen Handelsorganisation (HO) wurde gefördert. Zudem senkte die Regierung am 24. Oktober 1953 die Preise für Lebens- und Genussmittel, die frei käuflich waren, wenn es sie denn gerade gab. Ein Kilo Zucker kostete jetzt 2,80 Mark (1949: 12 Mark). Margarine in der gleichen Menge war für 8 Mark zu haben (36 Mark), Butter für 20 (60 Mark). Der Kilopreis für Bienenhonig sank auf 20 Mark (60 Mark), Eier gab’s für 45 Pfennige das Stück (2 Mark). Billiger wurden auch Industriewaren und Textilien.

Ausnahmsweise zu viele Zwiebeln

 

Die Verbraucher empfanden das Einlenken der Politik als Fortschritt, wenngleich die Preise trotzdem noch sehr hoch waren und die Versorgungslage auch in den nächsten Jahren angespannt blieb. Mal fehlten Vollmilch und Eier, mal Hülsenfrüchte, Butter meistens. Bei Obst und Gemüse herrschte eine geradezu chronische Unterversorgung, die jährliche Kartoffeleinkellerung ging mit Hängen und Würgen über die Bühne.

Wie ausgekehrt sah es oft in den Auslagen der Fleischereien aus. Um mehr Auswahl in die Wursttheken zu bringen, tagte in Plauen 1956 wöchentlich eine Runde mit dem zupackenden Namen “Fleischaktiv”. Vertreter des Rathauses, der Konsumgenossenschaft und des Schlachthofes diskutierten darin ohne großen Erfolg über die Verbesserung der Fleischversorgung. Wenn es besonders knapp wurde, griffen die Funktionäre auch schon mal in die Trickkiste. So wies der Rat des Bezirkes Karl-Marx-Stadt im Februar 1956 die Gaststätten an, Gerichte “mit wesentlich geringerem Fleischeinsatz” anzubieten. Dafür tauchten drei Monate später erstaunlich viele Fischvariationen in den Speisekarten auf. Eine Fischschwemme rollte auf das Vogtland zu, Handel und Gastronomie mussten mehr Flossentiere abnehmen, als sie an den Mann bringen konnten. Die Fischverkaufsstellen und Markt-Fischbuden wussten zeitweise nicht wohin mit Schellfisch, Kabeljau, Seelachs, Rotbarsch, Hecht, Blei und Plötze. Ein halbes Jahr danach hieß es im Bericht der Abteilung Handel und Versorgung wieder: Fisch – ungenügend. Dass die Produzenten die staatlichen Konsumplaner mit Überkapazitäten überraschten, kam gar nicht so selten vor.

Im August 1957 hatte der Plauener Milchhof so viel Quark übrig, dass er zwölf Tonnen außerplanmäßig nach Leipzig abgeben konnte. Auch das vom Verbraucher weniger gefragte Butterschmalz gab es in nicht absetzbaren Mengen, weshalb die Rathaus-Verantwortlichen den Geschäften “eine breite Popularisierung” des Butterersatzes empfahlen. Im Juni 1958 bereiteten dann Zwiebeln den Gemüsehändlern Kopfzerbrechen; nicht, weil es wie fast immer keine gab, sondern weil die Leute nicht so viele Zwiebeln brauchten, wie geliefert worden waren. Paradoxie der Planwirtschaft. Doch Überfluss an diesem oder jenem Lebensmittel war immer nur eine zeitweilige Erscheinung, das Alltägliche blieb die Unterversorgung. Selbst als Chef des Plauener Rasthauses war man gegen die Rationierungen nicht gefeit. Als der Plauener Oberbürgermeister Friedrich Sieber 1957 im November 80 aus der NVA zurückgekehrte Reservisten bei einem Rathausempfang mit Flaschenbier zu bewirten gedachte, musste er sich die alkoholischen Getränke zuvor von der Abteilung Handel und Versorgung genehmigen lassen. Besser ging es den Konsumenten, wenn Fest- und Feiertage vor der Tür standen. Im Februar 1956 gab der Rat des Bezirkes für Frauentagsfeiern in Plauener Betrieben 1,8 Tonnen Röstkaffee zusätzlich frei, wenige Wochen später zu Ostern packten die Genossen aus Karl-Marx-Stadt noch einmal knapp drei Tonnen der braunen Bohnen auf die Genussmittel-Zuteilung für Plauen.

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Weniger hoch in der Funktionärsgunst stand dagegen die fünfte Jahreszeit. An Höherprozentigem kam kein zusätzlicher Nachschub vom Bezirk, so dass, wie im Februar 1958, der Bedarf an Sekt und Weinbrand für die öffentlichen Faschingsfeten “keinesfalls befriedigt” werden konnte. Dafür wurde rein gar nichts dem Zufall überlassen, wenn der 1. Mai nahte. Am Kampftag der Arbeiterklasse sollten sich die demonstrierenden Werktätigen nicht von Engpässen am Imbissstand die Laune verderben lassen. Auf x-Versammlungen planten die Handels- und Versorgungsleute der Stadtverwaltung im Voraus alles bis ins Detail. Wo welcher Verkaufsstand zu stehen hat, wer Tische und Stühle für die Freiluftgaststätte an der “Goldenen Kugel” heranschafft, welche Läden am 30. April und zum Kampftag selbst geöffnet bleiben – keine Kleinigkeit wurde außer Acht gelassen.

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