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Himmelfahrtskommando am Lerchenpöhl

Spitzengeschichte 14

Pascher am LerchenpöhlEpisode – Schmuggeln war ein riskantes Geschäft, und nicht immer ging die Gefahr für die Schwarzhändler von ihren natürlichen Gegnern, den Uniformierten, aus. In der folgenden Begebenheit schaffte es einer aus den eigenen Reihen, den illegalen Machenschaften seiner Kumpane ein Ende zu setzen, ein recht grausiges noch dazu.

Das groteske Stück, das vielleicht 200, vielleicht auch schon 300 Jahre zurückliegt, hat sich tatsächlich zugetragen. Es wurde 1876 von dem Ascher Buchbinder und Verleger Erdmann Scheithauer aufgeschrieben und immer mal wieder zum Besten gegeben, erst kürzlich (2003) in der Bad Brambacher Heimatschrift „Unterm Kapellenberg“. Die Geschichte handelt von einer Schmugglerbande, die den offensichtlich Dümmsten im Trupp verhängnisvollerweise nicht in ihre Mitte nahm.

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Finster und unheimlich war die Herbstnacht, wie geschaffen für die 18 Schmuggelbrüder. Die sächsische Grenze hatten sie bereits überschritten und damit den gefährlichsten Teil des Marsches hinter sich. Jetzt stiegen die Schwarzhändler den Lerchenpöhl, den zweithöchsten Berg des Ascher Ländchens, hinauf. Lautlos schritten sie auf dem engen Waldpfad voran, einer nach dem anderen, jeder schwer bepackt mit einem Sack Schießpulver auf dem Rücken.

Auf einmal merkte der Letzte in der Reihe, dass seine Last immer leichter wurde. Ein Loch, folgerte der helle Kopf messerscharf, setzte den Sack ab und sah sich mit einem Blick in seinem Verdacht bestätigt. Nun wäre der Verlust des Schießpulvers an sich zu verschmerzen gewesen, was den Pascher viel mehr in Unruhe versetzte, war die gleichmäßige dünne Spur, die das herabrieselnde Pulver gelegt hatte. Wie leicht könnte dieser Streifen den Schleichweg der Bande verraten und sie beim nächsten Mal ins Netz gehen lassen!

„Halt!“, schrie also der Hinterste, der Zug war gerade auf dem Gipfel des Lerchenpöhls angelangt. Die Kameraden folgten der Aufforderung gern, schultern ihre Säcke ab und hockten sich darauf, um einen Schluck Branntwein zu trinken und sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Unterdessen lief der Rufer zurück, den Berg hinab, weiter und weiter. Erst nahe der sächsischen Grenze bei Brambach war der Pulverstreifen zu Ende.

Wie die verräterische Spur beseitigen? Ratlos kratzte sich der Mann am Kopf, dann durchfuhr ihn d i e zündende Idee. Er holte seine Pfeife aus der Tasche, setzte ein Stück Feuerschwamm in Brand und steckte den Pulverstreifen an. Minuten später vernahm er einen majestätischen Donner, der an den Bergwänden widerhallte, den ganzen Wald erschütterte und ihn in staunende Verwunderung versetzte.

Als der Feuerleger wieder auf den Gipfel zurückkam, fand er von seinen Spezis keinen einzigen mehr vor. Sie waren in die Luft geflogen, alle siebzehn. Infolge dieses schrecklichen Vorfalls war Schießpulver auf böhmischer Seite unter der Hand nur noch schwer zu bekommen. Stattdessen verlagerten die Pascher ihr Geschäft lieber auf Salz. Auch das warf etwas ab, vor allem aber lebte es sich in Schmugglerkreisen mit dieser Art von illegaler Ware auf dem Rücken wesentlich sicherer. (PbK)

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Bild:
Riskanter Job Paschen: Immer vom Zoll gejagt, in dieser Episode vom eigenen Mann außer Gefecht gesetzt. Schmuggelszene auf einer Schießscheibe, 1861  

Die Spitzengeschichten werden Ihnen präsentiert vom Historikus Vogtland. >> zum Historikus Vogtland

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