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Plauen Nachrichten Vogtland Nachrichten
  • Mittwoch, 18 Juni 2025, 09:04 Uhr | Lesezeit ca. 6 Min.

Theater Plauen-Zwickau zwischen Kulturauftrag und finanzieller Zerreißprobe

Künstler, Politiker und Bürger kämpfen gemeinsam um den Erhalt einer der wichtigsten Kultureinrichtungen im Vogtland

Die finanzielle Lage des Theaters Plauen-Zwickau spitzt sich weiter zu. Trotz Engagements der Städte und des Fördervereins fehlt es an Planungssicherheit seitens des Freistaats. Wir haben mit dem Landtagsabgeordneten Jörg Schmidt (CDU) und Sylvio Grimm vom Plauener Theaterförderverein über die Situation gesprochen. Ein offener Brief, politische Gespräche und bürgerliches Engagement sollen das Schlimmste verhindern.

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Zwischen Kulturpakt und Realität

Das Theater Plauen-Zwickau steht für die Kultur in der Region und aktuell auch für ihre Gefährdung. Durch steigende Tariflöhne, ausbleibende Dynamisierungen bei Fördermitteln und stagnierende Zuschüsse droht dem Haus ab 2026 die Zahlungsunfähigkeit. In einem Offenen Brief vom Mai fordern vier Fraktionen aus Plauen und Zwickau, darunter CDU und SPD, eine verlässliche Finanzierung und den Erhalt der sogenannten Kulturpaktmittel auf Vorjahresniveau.

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Der Zuschuss der beiden Gesellschafterstädte liegt aktuell bei rund 10 Millionen Euro jährlich, doch ohne Unterstützung aus Dresden reicht das nicht. Schon im vergangen Jahr musste auf ein Nothilfepaket zurückgegriffen werden. Die bilanziellen Rücklagen sind ausgeschöpft, ab nächsten Jahr droht ein Fehlbetrag von ca. 1,2 Millionen Euro.

„Das Problem ist in Dresden angekommen“

Wie sind die Reaktionen in Dresden auf die Lage des Theaters und den offenen Brief?

Die finanzielle Notlage des Theaters Plauen-Zwickau hat inzwischen auch die Landespolitik erreicht. CDU-Landtagsabgeordneter Jörg Schmidt war selbst in Gesprächen mit der Kulturministerin und betont: „Ich habe mit der Ministerin dort intensiv sprechen können über die Problematik der Theaterfinanzierung. Das Problem ist angekommen – auf jeden Fall.“

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„Besucher aus anderen Regionen beneiden uns oft um die Vielfalt und Qualität.“

Sylvio Grimm, Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Vogtland Theaters Plauen

Hintergrund ist ein gemeinsamer offener Brief vom Mai. Darin warnen sie vor einer existenziellen Bedrohung des Theaters durch unzureichende Kulturpaktmittel. Besonders kritisch: Die im Entwurf des Doppelhaushalts 2025/2026 geplanten Mittel reichten nicht aus, um gestiegene Personalkosten, etwa durch Tarifsteigerungen, abzudecken. Außerdem seien die Zuschüsse über den Kulturraum seit Jahrzehnten nicht angepasst worden.

„Jetzt ist es wichtig, dass wir gemeinsam Lösungen finden – mit den Kommunen, der Intendanz, der Geschäftsführung und dem Ensemble“, sagt Schmidt. Er verweist darauf, dass es grundsätzlich Mittel für Kultur im Haushalt gebe – aber deren konkrete Ausgestaltung und Sicherstellung sei nun entscheidend. „Das Theater soll weiter bestehen. Das ist unser politischer Wille“, betont der Abgeordnete.

Wie schätzen Sie aus Ihrer Sicht die Lage des Theaters ein?

„Die Lage ist schwierig, aber nicht aussichtslos“, sagt Schmidt. Seine Hoffnung liegt in einer engen Kooperation aller Beteiligten: der Städte Plauen und Zwickau als Gesellschafter, der Intendanz, Geschäftsführung und nicht zuletzt der Belegschaft. Er betont: „Wenn man gemeinsam an Lösungen arbeitet, dann bin ich überzeugt, dass das Theater weiterbestehen kann.“

Ein Rückzug des Landes aus der Finanzierung sei politisch nicht gewollt. Man stehe zum Mehrspartentheater, ausdrücklich. „Aber wir brauchen neue Wege, Impulse und Ideen – und ich bin zuversichtlich, dass da aus dem Haus einiges kommt“, ergänzt der Abgeordnete.

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Unsicherheit hinter den Kulissen

Sylvio Grimm vor dem Theater in Plauen. Foto: A. Hellgoth
Sylvio Grimm vor dem Theater in Plauen.
Foto: A. Hellgoth

Wie gehen die Künstler mit der Ungewissheit um?

Die persönliche Dimension der Krise wird vor allem in den Aussagen von Sylvio Grimm deutlich. Er ist der Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Vogtland Theaters Plauen. Die Situation sei emotional belastend: „So eine traurige Geschäftsführerin wie in den letzten Tagen habe ich noch nie gesehen“, erzählt er. Künstler, Techniker, Musiker – sie alle arbeiteten unter enormem Druck. „Man fühlt sich wie das fünfte Rad am Wagen“, so Grimm. Ein Haustarifvertrag, also ein individuell verhandelter Vertrag mit finanziellen Einschnitten für die Mitarbeitenden, wird als Übergangslösung diskutiert. Doch auch das könne nicht auf Dauer tragen.

Was würde eine Reduzierung der öffentlichen Förderung konkret bedeuten?

Für Grimm ist klar: „Kulturell wäre es ein Desaster.“ Das Theater ist für viele Menschen ein Ort der Begegnung, Bildung und Inspiration. „Besucher aus anderen Regionen beneiden uns oft um die Vielfalt und Qualität“, so Grimm. Besonders betont er die Bedeutung für Kinder und Jugendliche: „Ein Theaterbesuch ist oft das erste Mal, dass junge Menschen ein Orchester erleben. Das prägt vielleicht für das ganze Leben.“

Jörg Schmidt sieht das ähnlich: „Ein Wegfall der Finanzierung wäre fatal. Deshalb arbeiten wir im Parlament gerade daran, die Mittel zu sichern.“

Welche Maßnahmen hat der Förderverein ergriffen?

Trotz Krise ist das zivilgesellschaftliche Engagement nicht zu ignorieren. Der Förderverein aus Zwickau sammelte gemeinsam mit dem Verein aus Plauen rund 25.000 Unterschriften für den Erhalt des Theaters. Eine Plakataktion machte regional auf das Thema aufmerksam, Spenden in Höhe von über 16.000 Euro konnten für kleinere Investitionen aufgebracht werden. Aktuell läuft ein Crowdfunding-Projekt mit einem Ziel von 30.000 Euro.

„Der Zulauf zu unserem Förderverein wächst stetig – das zeigt: Das Theater liegt den Menschen am Herzen.“

Sylvio Grimm, Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Vogtland Theaters Plauen

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Theaters?

„Wir müssen gemeinsam an einem Strang ziehen – besser noch: in dieselbe Richtung.“

Jörg Schmidt, Landtagsabgeordneter (CDU)

„Die Frage ist nicht, ob wir uns das Theater leisten können. Die Frage ist, ob wir es uns leisten können, kein Theater mehr zu haben.“

Sylvio Grimm, Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Vogtland Theaters Plauen

Wie es weitergeht, entscheidet sich in den kommenden Wochen. Die Stadt Zwickau hat bereits zugesagt, ihren Teil zum Ausgleich des drohenden Defizits im Theaterhaushalt beizutragen. Ein Schritt, den die Fördervereine ausdrücklich begrüßen, heißt es in einem Artikel des MDR . Nun hoffen sie, dass auch Plauen diesem Beispiel folgt. Der Plauener Oberbürgermeister Steffen Zenner verweist jedoch auf den bestehenden Grundlagenvertrag und mahnt zur Vorsicht: Der Wirtschaftsplan des Theaters liege erst zum Jahresende vor. Bis dahin bleibe die Zukunft des Theaters ungewiss, doch die Forderung nach klaren politischen Entscheidungen wird lauter.

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