- Freitag, 19 September 2025, 09:01 Uhr | Lesezeit ca. 4 Min.
Kunst oder Geldverschwendung? Der Wasserturm-Streit in Plauen
Wasserturm-Pläne auf Eis – Kulturprojekt spaltet Plauen
Im Herzen des fast vollständig sanierten Quartiers Elsteraue steht er – der alte, denkmalgeschützte Wasserturm. Das Bauwerk wie ein Relikt vergangener Zeiten, während ringsherum moderne Sanierung und neue Lebensqualität Einzug gehalten haben. Doch genau das soll sich eigentlich ändern: Der Wasserturm soll in neuem Licht erstrahlen – im wahrsten Sinne des Wortes.
Rund 150.000 Euro sollen investiert werden, um das denkmalgeschützte Bauwerk in ein strahlendes Wahrzeichen zu verwandeln – finanziert zur Hälfte durch Fördermittel. Doch nicht alle in der Stadt sind begeistert.
Lichtkunst für ein Denkmal

Was als Idee eines Stadtrats begann, nahm nun konkrete Formen an: „Lichtkunst am Wasserturm“ lautet das ambitionierte Projekt, das eine künstlerische Beleuchtung in unmittelbarer Nähe der benachbarten Fabrik der Fäden vorsieht. Der Kulturausschuss stellte am 14. August vier kreative Entwürfe regionaler Künstler vor – zwei davon haben es in die finale Auswahl geschafft und wurden am 9. September dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt.
Fast zwei Jahre wurde über das Vorhaben gesprochen. Statt einer breiten Zustimmung gab es immer wieder Kritik. Vor allem die AfD- und BSW-Fraktion können sich mit dem Projekt nicht anfreunden. Beide Fraktionen lehnen das Projekt klar ab. Ihnen ist der städtische Eigenanteil von 75.000 Euro zu hoch, die künstlerische Relevanz fragwürdig.
Was folgte, war eine hitzige Debatte im Stadtrat – mit überraschender Wendung: Trotz einer fast zweijährigen Planungsphase, mehreren Ausschusssitzungen und einer künstlerischen Vorauswahl stimmte der Stadtrat in einer Pattsituation (19:19 Stimmen) nicht für die Umsetzung. Damit liegt das Projekt vorerst auf Eis.
Künstler ungehört – ein Verfahren mit Stolpern
Besonders bitter: Die Künstler Lucien Tunger (Plauen) und Christine Mayerhofer (Hessen), deren Konzepte es in die finale Auswahl geschafft hatten, reisten zur Sitzung an – durften ihre Entwürfe jedoch nicht mehr vorstellen. Die Entscheidung war bereits vorher gefallen. Eine Chance zur öffentlichen Präsentation blieb ihnen verwehrt.
Im Zentrum der Kritik: fehlende Kommunikation. Nicht nur die Jury hatte im Vorfeld alle vier Künstlerentwürfe abgelehnt – auch im Stadtrat war offenbar nicht allen Beteiligten die Tiefe des Projekts bekannt. Bürgermeisterin Kerstin Wolf sah sich persönlich angegriffen und sprach von einem respektlosen Umgang mit den Künstlern.
Zukunft trifft auf Geschichte
Die geplante Lichtinstallation soll nicht nur den Wasserturm optisch aufwerten, sondern das gesamte Quartier kulturell bereichern. Die Finanzierung ist mit rund 150.000 Euro angesetzt – je zur Hälfte aus städtischen Eigenmitteln und Fördergeldern. Damit sollte nicht nur eine ästhetische Aufwertung des Baudenkmals, sondern auch die Schaffung eines strahlenden Wahrzeichens für Elsteraue gelingen.
Was bleibt – und wie es weitergehen könnte
Seit 2017 hat sich das Quartier Elsteraue stark verändert. Über 35 Millionen Euro an Fördermitteln sind hier bereits geflossen, rund 8,8 Millionen Euro davon aus städtischer Hand. Neben Wohnungsbau, Sanierung und Stadtentwicklung soll bald ein KI-Institut dazukommen. Der Wasserturm wäre ein kulturelles Sahnehäubchen gewesen – doch jetzt stellt sich die Frage: Wohin mit den 75.000 Euro Eigenanteil, wenn nicht in Kunst?
Die Diskussion ist also keineswegs beendet. Im Gegenteil: Sie könnte eine größere Grundsatzfrage für Plauen aufwerfen. Was erwarten die Menschen von ihrer Stadt? Sichtbare Kunst im öffentlichen Raum oder pragmatische Investitionen in Infrastruktur?
Die vollständige Stadtratssitzung kann übrigens hier nachgeschaut werden – für alle, die sich ein eigenes Bild machen wollen.
Die finalen Konzepte: Technologie und Poesie in Licht
Einer der beiden finalen Entwürfe stammt von Lucien Tunger. Seine Idee: ein silbernes Rautenmuster aus LED-Elementen, das sich stilvoll über den Turm legt. In der Nacht soll der obere Bereich blau leuchten, ein Laserstrahl aus dem Turm in den Himmel ragen. Für Nachhaltigkeit sorgt eine integrierte Photovoltaik-Anlage, die tagsüber den benötigten Strom liefert.
Die zweite Vision kommt von der renommierten Lichtkünstlerin Christine Mayerhofer. Ihr erstes Konzept zeigt drei zarte Lichtringe, die den oberen Bereich des Turms elegant umranden. Ihr zweites Konzept setzt auf Lichtfäden, die sich aus einem geneigten Stahlring heraus in die Höhe winden – eine poetische Hommage an das Element Wasser und die Geschichte des Turms.