Spitzengeschichte 41
Noch war die Zeit in Erinnerung, da sie sich, ihre Fabrikherren nachahmend, in bierseligem Überschwang die Zigarre schon einmal mit einem Zehnmarkschein (ihre Herren nahmen Hunderter) anbrannten. Nun wurden sie, von Hilfsprogrammen der Stadt aufgefangen, oftmals als Schutzmänner oder Hilfspolizisten -noch fünfzig Jahre später hießen Plauens Volkspolizisten im Volksmund Sticker- verpflichtet. Die große Rezession hatte im Verein mit dem Zahnautomaten den Stand der Sticker ausgelöscht. Das Geländer auf der Friedrich-August-Brücke musste 1913 erhöht werden, um die “Plauener Selbstmord-Epidemie” zu beenden.
Einzig die Kriegswirtschaft hatte fortan eine ernstliche Chance, während Betriebe der alten Branchen reihenweise bankrott gingen. Im Glühlampenwerk entstand eine Kartuschenfabrik, an
Deshalb wurde er bereits 1919 um das Werk II an der Leuchtsmühle und das Werk III auf dem Gelände der ehemals ”Stickeri-Industrie-GmbH” erweitert. Der VOMAG-Standort hatte sich, eingezwängt zwischen Eisenbahnlinie und Elsterfluss, erneut als räumlich begrenzt erwiesen. Die Ironie logistischer Stadtgeschichte war, dass die kostbare, innerstädtische Elsteraue, bebaut mit den weltweit modernsten Fabriken der Textilherstellung und -veredlung, still stand; dort rauchte nicht ein Schlot, während in der VOMAG vor der Stadt Raumnot herrschte. Auch diese Not verwandelten Zahns Erben in guter Tradition in eine Tugend.
Holzräder, Vollgummireifen, Rechtslenkung und Kettenkraftübertragung auf die Hinterachse, das waren die Markenzeichen der ersten, dem neuesten Stand der Technik entsprechenden Lastwagen. Die VOMAG-Ingenieure waren die ersten, die von Anbeginn der Entwicklung ihre Wagen mit Kardanwellen, aus einem Stück Nickelstahl geschmiedet, mit Kegelrad und Differential auszustatten vermochten. Sie waren nahezu prädestiniert für den Automobilbau, war man doch seit Generationen gewöhnt, in Kategorien höchster Präzision der Stickmaschine zu denken, zu konstruieren und zu produzieren. So galten besonders die VOMAG-Motoren als zuverlässig und reparaturfreundlich gegenüber der Konkurrenz. Die Produktion war schon 1919 auf 85 Lastwagen monatlich gestiegen, die Belegschaft auf 5.400 Mitarbeiter. Im gleichen Jahr schloss sich die VOMAG mit DUX-Leipzig (Pkw‘s), Magirus-Ulm (Lkw’s, Busse, Feuerwehren), und Presto-Chemnitz (Pkw‘s, Lieferwagen) zum Deutschen Automobilkonzern (D.A.K.) zusammen. Zum Aufsichtsrat der Vogtländischen Maschinen-Fabrik (vorm. J.C.&H.DIETRICH)A.-G. gehörte der Kölner Großaktionär Albert Ottenheimer, der zuletzt 60 Prozent der Aktien hielt.
Die Redaktion bedankt sich bei Achim Leißner für die Zuarbeit. (ce)