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Das Plauener-Schulleben im Sommer 1945

Spitzengeschichte 08

Am 1. Oktober 1945 gingen im Vogtland wie in der gesamten Sowjetischen Besatzungszone die Kinder wieder zum Unterricht. Die Schulmeister mussten improvisieren können – und wussten dabei noch nicht einmal, was sie verdienen.

Die Lehrpläne aus der NS-Zeit waren nicht mehr zu gebrauchen, ebenso wenig die meisten Schulbücher. Die Lehrerschaft galt als politisch kompromittiert, hatte fast geschlossen der NSDAP angehört. In vielen Schulen hausten Flüchtlinge und Evakuierte, in anderen, zu Hilfslazaretten umfunktionierten, rangen Kriegsverletzte um ihr Leben, wieder andere waren von der Roten Armee besetzt oder, in Plauen nach den Bombenangriffen, über Nacht ganz ausradiert worden. Ja selbst an einfachsten Unterrichtsmitteln wie Bleistiften und Schreibpapier mangelte es in diesem einzigen großen Provisorium.

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Dennoch oder besser gerade deshalb drängten die sowjetischen Stadtkommandanten und ihre Bildungsoffiziere, die Schulen so schnell wie möglich wieder flott zu machen. Es mussten wieder feste Regeln her in diesen Tagen und Wochen der Anarchie, in denen jeder damit zu tun hatte, sich und die Seinen mit dem Elementarsten zum Leben zu versorgen. Es ging um die Rückkehr zur Normalität im Alltag, wozu auch die Schule gehörte. Und es ging natürlich auch darum, schnellstmöglich mit der geistigen Umerziehung einer entwurzelten Jugend zu beginnen.

 

Lessing-Gymnasium Plauen

Plauener Schulen fünf Jahre nach dem Krieg: An den Anblick der Ruinen hatte man sich schon gewöhnt – Städtische Oberschule für Jungen (ab 1950 Ernst-Thälmann-Oberschule, jetzt Lessinggymnasium). Foto: Archiv PbK
 

Die Hardliner zuerst raus

Dass der Unterricht, der seit dem Frühjahr ruhte, am 1. Oktober 1945 wieder aufgenommen werden sollte, erfuhren die Schulverwaltungen wie die Öffentlichkeit erst fünf Wochen zuvor. Im Befehl Nr. 40 vom 25. August 1945 „Über die Vorbereitung der Schulen auf den Schulbetrieb“ hatte die Militärverwaltung diesen Termin bekannt gegeben.

Auf den Tag X arbeiteten die Schulämter aber schon einige Wochen hin. Im Amtsbezirk Plauen, der territorial der Amtshauptmannschaft Plauen entsprach, waren im August ‘45 die Schulbezirke neu gegliedert worden. Der starke Rückgang der Einwohnerzahlen Plauens rechtfertigte das Weiterbestehen eines eigenständigen Schulbezirkes Plauen-Stadt nicht mehr. Die Zusammenlegung mit den Schulen der anderen Städte und Dörfer wiederum hätte eine zu große Verwaltungseinheit zur Folge gehabt. So entstanden der Schulaufsichtsbezirk Plauen-Ost mit allen Orten östlich der Elster und den Städten Reichenbach, Mylau und Netzschkau, sowie der Schulaufsichtsbezirk Plauen-West, der die Stadt Plauen und die Orte westlich der Elster umfasste.

Neu wie die Schulbezirke waren auch die Männer, die auf die Stühle der beiden Schulräte rückten. Am 23. Juli 1945 unterschrieben Paul Forkel (Plauen-Ost) und Carl Forberger (Plauen-West) ihre Ernennungsurkunden. Beide gehörten der Liberal-Demokratischen Partei an und galten als Männer mit aufrechter Gesinnung, die der nationalsozialistischen Vereinnahmung widerstanden hatten. Forkel, Jahrgang 1888, war seit 1908 im Schuldienst tätig, von 1912 bis 1933 unterrichtete er an verschiedenen Plauener Volksschulen. Bei den Nazis fiel Forkel unter das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, er wurde im September 1933 entlassen. Auch Carl Forberger traf 1933 ein zeitweiliges Berufsverbot. Vor seiner Ernennung zum Schulrat, der er bis 1950 blieb, unterrichtete er an der Plauener Diesterwegschule.

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Unbelastete Leiter wurden auch in den anderen beiden Schulbezirken eingesetzt. In Oelsnitz hieß der neue Vorgesetzte der Lehrer und Schulleiter Herr Claus, ein Plauener, der vorher in Kleingera (heute Stadtteil von Elsterberg) gelehrt hatte, in Auerbach übernahm Herr R. Müller diese Funktion.

Vor den neu ernannten Schulräten türmte sich ein gewaltiger Berg von Aufgaben. Personal, Lehrpläne, Schulgebäude – hinter allem standen dicke Fragezeichen. Den Unterricht ohne ehemalige NSDAP-Lehrer planen? Ein Unding, zunächst jedenfalls, wo doch im Vogtland neun von zehn Pädagogen das Parteibuch besessen hatten. (Die große Kündigungswelle rollte erst im Spätherbst 1945 heran.) Rausgeflogen waren im bis dato nur die hartgesottenen Parteigänger, also solche, die vor 1933 in die NSDAP eingetreten und/oder politisch aktiv gewesen waren. Deren Entlassung hatte die Abwicklungsstelle der sächsischen Staatskanzlei bereits am 14. Juni 1945 in einem Rundschreiben angeordnet. Verschiedentlich machten stramme Ex-Parteigenossen ihren Ängsten und Zweifeln ein Ende, indem sie Selbstmord begingen. In Oelsnitz zum Beispiel nahmen sich Ende Mai zwei Lehrer und im Juli ein Konrektor das Leben.

Laienkehrkräfte schienen eine Möglichkeit, den geschrumpften Personalbestand aufzustocken. In Anschlägen, Zeitungen gab es noch nicht wieder, riefen die Bürgermeister im Sommer 1945 zu „Meldungen von Nichtlehrern“ auf. Die Kandidaten sollten zwischen 19 und 35 Jahren sein, nicht kriegsschwerbeschädigt und möglichst aus „Kreisen der Antifaschisten, der KPD, der SPD, der Genossenschaften, der Gewerkschaften, der Arbeiter“ kommen.

 

Herbartschule Plauen

Herbartschule – Foto: Archiv PbK

Die Reaktion war nicht gerade überwältigend. Die Altlehrer blieben vorerst weitgehend unter sich, statt frischem Wind haftete der Ruch der braunen Vergangenheit weiter an den Kollegien. Am 10. September 1945, drei Wochen vor Schulbeginn, galten im gesamten Schulaufsichtsbezirk Plauen-West gerade einmal 40 Lehrer, davon 35 aus der Stadt Plauen, als völlig unbelastet, waren also nicht Mitglied der NSDAP gewesen. Dagegen hatten 229 Volksschullehrer der Nazipartei angehört. Von denen waren 17 bereits entlassen beziehungsweise inhaftiert worden, für weitere 14 kündigte Forberger die Suspendierung vom Dienst an. Den überwiegenden Teil seiner Bediensteten jedoch glaubte der Schulrat weiterbeschäftigen zu können. Konkret ging es um 169 ehemalige NSDAP-Mitglieder, die nach Forbergers Einschätzung im Dritten Reich „nicht politisch aktiv hervorgetreten waren“ und die ihm somit geeignet schienen, „demokratische Ideen beim Unterricht und in der Erziehung anzuwenden und den reaktionären Inhalt des Nazismus, der Rassenlehre und den militaristischen Charakter des ehemaligen Deutschen Reiches klarzulegen“.

Forbergers Vertrauen in die Wandlungsfähigkeit seiner früheren Kollegen entsprach allerdings so gar nicht den Entnazifizierungsplänen der Alliierten. Schon bald begann die Landesverwaltung kurzen Prozess zu machen und entließ bis Ende 1945 alle ehemaligen Parteigenossen aus dem Schuldienst. Ihre Kündigung bekamen die Betroffenen übrigens von demselben Schulrat Forberger ausgesprochen, der ihnen wenige Wochen zuvor noch die charakterliche Eignung attestiert hatte.

 

Kartoffelscheine waren wichtiger

Im Drunter und Drüber der ersten Nachkriegsmonate gerieten viele Lehrer allmählich in eine materielle Notlage. In Plauen hatte es seit April 1945 kein Gehalt mehr gegeben, obwohl die Lehrer auch ohne Unterricht arbeiteten. Viele waren mit dem Instandsetzen der beschädigten Schulhäuser beschäftigt.

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Unter den Amerikanern konnte die Bevölkerung wenigstens noch auf ihre Spareinlagen zurückgreifen. Nach dem Wechsel der Besatzungsmächte aber wurden Sparkassen und Banken geschlossen. Erstmals wieder einen Abschlag gab es Mitte Juli 1945, nachdem die Landesverwaltung Anfang des Monats in einem „Runderlaß über Auszahlungen, Einzahlungen und Kassenbestandsverstärkungen … dienstausübenden Lehrern, deren Lohn für den Vormonat noch ausstand“, eine einmalige Zahlung von 150 Reichsmark bewilligte. Viel besser als nichts, wo die Konten doch weiterhin gesperrt blieben. In vager Erwartung fragte Forberger am 4. September 1945 bei der Sparkasse an, ob diese nicht bald geöffnet würde, da sich viele Lehrer in einer finanziellen Notlage befänden. Er selbst, rechnete der Schulrat seine persönliche missliche Lage vor, hätte Anfang Mai 300 Reichsmark abgehoben und im Juli noch einmal 50 Reichsmark erhalten. Mit diesem Betrag müsste er bereits vier Monate auskommen.

Ein paar Wochen mussten sich die Bildungsangestellten aber noch gedulden, regelmäßigen Lohn für die Arbeit im Klassenraum gab’s erst wieder ab Oktober, nachdem die Landesverwaltung verbindliche Gehaltsgruppen festgelegt hatte. Einem planmäßigen Volksschullehrer stand laut Einstufungstabelle bei 28 Wochenstunden ein Monatslohn zwischen 250 und 280 Reichsmark zu, einer Laienlehrkraft zahlten die Schulämter maximal 200 Mark.

 

Mosenschule Plauen

Mosenschule – Foto: Archiv PbK 

Die Höhe seines Gehaltes kannte ein Lehrer bei Dienstantritt am 1. Oktober zwar noch nicht, dafür hatte er bereits eine Schnelllektion in antifaschistisch-demokratischer Grundausbildung hinter sich. Die erste politische Schulungswoche stand vom 24. bis zum 28. September an – für jeden Pädagogen selbstverständlich eine Pflichtveranstaltung. Die Programme ähnelten sich stark, hier das des Schulaufsichtsbezirks Plauen-West:

„Montag:

Die Schuld des deutschen Volkes am Kriege – Herr Richard Gladewitz, Kreisleiter der KPD;

Dienstag:

Die Lebensraumtheorie des Nazismus – Herr Arthur Helbig, Vorsitzender der SPD;

Mittwoch:

Der deutsche Militarismus – Herr Herbert Wetzstein, LDP;
Donnerstag:

Erziehung im demokratischen Geist in der Schule – Herr Oberlehrer Max Rank;

Freitag:

Richtlinien für den Unterricht – Bezirksschulrat Forberger;

Sonnabend:

Gedenktag für die Opfer des Faschismus.“

Abwesenheit konnten bei solch bedeutungsschweren Grundsatzthemen natürlich nicht geduldet werden. Nur einmal, am Nachmittag des zweiten Schulungstages, unterbrach eine noch gewichtigere Angelegenheit den Kompaktkurs. Die gesamte Lehrerschaft des Schulbezirkes Plauen-West wurde zum Verteilen der Kartoffelscheine gebraucht, weshalb Forberger bei der russischen Kommandantur die Genehmigung erbat, den Unterricht verlegen zu dürfen.

Russisch für Lehrerfrauen

Zweifellos waren routinierte Lehrer im Vorteil, als am 1. Oktober 1945 die Klingel zu ersten Unterrichtsstunde nach dem Krieg läutete. Denn Erfahrung erleichterte das Improvisieren, und diese Fähigkeit war gefragt, da Lehrpläne fehlten. „Es gilt wieder der Lehrplan von 1928, selbstverständlich mit den Änderungen, die die neue Zeit bedingt. Endgültige Lehrpläne sind angekündigt.“ Das war alles, was Schulrat Carl Forberger seinen Direktoren zwei Wochen vor Wiedereröffnung der Schulen hinsichtlich des Lehrstoffs mit auf den Weg geben konnte. Bis die angekündigten Lehrpläne eintrafen, mussten sich die Schulämter eben selbst etwas einfallen lassen. In Eigenregie gaben die Schulräte so genannte „Richtlinien für die Wiederaufnahme des Unterrichts“ heraus. In diesen zweiseitigen Kompendien wurde zum Beispiel für das Fach Rechnen empfohlen: „Die Kinder lernen den Aufbau des Zahlensystems begreifen und rechnerische Aufgaben selbständig und sicher lösen. Die Raumlehre lehrt sie die Formen der Umwelt auffassen, darstellen und berechnen.“ Und in der Sprachlehre „sollen die Kinder die richtige Anwendung der Wort- und Satzformen erfassen lernen. Das Gelernte wird verwertet im Aufsatzschreiben.“ Konkretere Instruktionen gab es nicht, wie die Lehrer ihre Stunden vorbereiteten, blieb ihrem methodischen Geschick überlassen.

Nicht erscheinen durfte in den Unterrichtsplanungen der Begriff Heimatkunde, Geschichte fiel bis auf weiteres ganz aus. Religion verschwand aus dem Kanon der Schulfächer, politische Länderkunde blieb in Geographie tabu.

Dafür stand eine neue Fremdsprache hoch im Kurs: Russisch. In ihren „Ausführungsbestimmungen zur Verordnung über die Wiedereröffnung der Schulen auf Grund des Befehls Nr. 40“ vom 11. Oktober 1945 erklärte die Abteilung Volksbildung beim sächsischen Ministerium für Inneres und Volksbildung das Erlernen einer Fremdsprache – Russisch, Englisch oder Französisch – ab dem 5. Schuljahr zur Pflicht, wobei „der Muttersprache der sowjetischen Befreier“ absoluter Vorrang einzuräumen war. So klang denn das erste „Druschba“ schon nach wenigen Wochen aus den Klassenzimmern, obwohl es so gut wie keine ausgebildeten Russischlehrer gab. Den Kindern immer eine Stunde voraus, galt als Prinzip, nach dem Lehrer und Schüler auf beinahe demselben Level Buchstaben und Vokabeln paukten. Im Januar 1946 unternahmen im Schulaufsichtsbezirk Plauen-West schon an 60 Schulen Kinder und ihre Lehrer die ersten Sprech- und Schreibversuche in der bis dahin völlig unbekannten Sprache. In Oelsnitz forderte Schulleiter Claus am 3. Oktober 1945, zwei Tage nach Wiederbeginn des Unterrichts, Russisch zu lehren, wo die Möglichkeit bestünde und erinnerte daran, dass „alle Lehrkräfte, auch die Ehefrauen“ die neue Fremdsprache zu lernen hätten.

Kein Wunder, dass Arbeitsblätter mit dem russischen Alphabet zu den ersten Unterrichtshilfen gehörten, die an die Schulen geliefert wurden. Ansonsten brauchten sich die Kinder mit schweren Ranzen nicht abzuplagen. Die Benutzung von Lehrbüchern aus der NS-Zeit war generell verboten, Schülern solche Lektüre sofort abzunehmen. Schreibhefte und -papier, Bleistifte, Schiefertafeln und -stifte, Zeichenpapier, Buntstifte, Material für den Werkunterricht und für Nadelarbeit – an all dem herrschte in den meisten Schulen ebenfalls Mangel.

Streng durchsiebt wurden die Schulbibliotheken und Lehrmittelsammlungen. Alles, was nur im entferntesten an die braune Diktatur erinnerte, landete konsequent in den Heizungskellern. Lieber ein Buch mehr als eins zu wenig entsorgen, ordneten die Schulräte an, und dieses Prinzip galt ebenso für Wandkarten, großformatige Bilder, Dias, Schmalfilme und andere Anschauungsmittel. Bei der Gelegenheit ließen die Funktionäre auch gleich christliche und andere Glaubensschriften aus den Schulbüchereien aussortieren.

Was nach der Säuberung noch übrig geblieben war an Lesematerialien aus der Zeit vor 1933, durfte im Unterricht verwendet werden, nachdem anrüchige Textstellen geschwärzt worden waren. Auch hier taten die Lehrer gut daran, den Stift lieber etwas großzügiger anzusetzen, um bei den nachkontrollierenden SMA-Bildungsoffizieren nicht unangenehm aufzufallen.

84 Klassenzimmer in Plauen

Als die Schule am 1. Oktober 1945 wieder losging, hieß es für die Klassen vor allem zusammenrücken. Offiziell meldeten die Schulbezirksräte der Militärverwaltung den Beginn des Unterrichts an allen Volks-, Ober- und Berufsschulen im Vogtland. (Die Erstklässler wurden am 4. Oktober eingeschult.) Doch der Vollzug galt natürlich nur pro forma. Denn in Wirklichkeit mussten Tausende von Kindern auf wenige Schulgebäude verteilt werden, weil die anderen zweckentfremdet belegt oder beschädigt beziehungsweise völlig zerstört worden waren.

Eine besonders angespannte Situation herrschte in Plauen. In der Stadt mit damals rund 80.000 Einwohnern standen am ersten Schultag nicht mehr als 84 benutzbare Klassenzimmer zur Verfügung. Höckner- (Heynigstr., Südvorstadt), Lessing- (August-Bebel-Str.), Schiller- (Jößnitzer Str.), Anger- (Am Anger), Krause- (Straßberger Str.) und Karlschule (Karlstr.) sowie die Staatliche Oberschule für Jungen (Pestalozzistr.) hatte der Krieg total in Schutt und Asche gelegt. Mehr oder weniger stark beschädigt, aber noch brauchbar waren die Mosen-, die Rückert-, die Seume-, die Kemmler-, die Dittes- und die Delitzschschule (Hilfsschule, Seminarstr.), auch die Städtischen Oberschulen für Jungen (Lessinggymnasium) und für Mädchen (Diesterweggymnasium) sowie die Wirtschaftsoberschule (Friedensschule). Ohne nennenswerte Schäden kamen lediglich die Chrieschwitzer und die vergleichsweise kleine Reißiger Schule davon.

In die Goetheschule (Thomas-Mann-Straße) hatte sich das Amtsgericht einquartiert, die Reusaer Schule war ganz und die Herbartschule teilweise zum Hilfskrankenhaus umfunktioniert worden. Einige Berufsschulgebäude beherbergten aus dem Rathaus ausgelagerte Ämter. Insgesamt fehlten in Plauen durch Zerstörung beziehungsweise zweckentfremdete Nutzung 416 Unterrichtsräume.

 

Dittesschule Plauen

Nachkriegsmarketing: Etwa 15.000 dieser Spendenpostkarten druckte der Patenbetrieb der Plauener Dittesschule, der Sachsenverlag Plauen. Bis 1950 wurden die Karten für 20 Pfennige das Stück verkauft, die eingenommenen 3.000 Mark flossen in Malerarbeiten. Foto: Archiv PbK

 

Andere vogtländische Städte waren von Luftangriffen zwar verschont geblieben, ihre Schulen konnten sie aber auch nur bedingt nutzen. Die drei Oelsnitzer Volksschulen quollen im Sommer 1945 über vor Flüchtlingen, Vertriebenen und Evakuierten. Der Unterricht für die Erst- bis Achtklässler startete deshalb im Oktober 1945 lediglich in der Untermarxgrüner Schule und im Gebäude der Höheren Handelslehranstalt (Melanchthonstraße, neben DRK). Die Älteren gingen wieder in die Oberschule. Auch die Adorfer Zentralschule diente als Notquartier für Ausgesiedelte, hier läutete die Glocke am 1. April 1946 zum ersten Unterrichtstag nach dem Krieg.

In die Auerbacher Städtische Oberschule (heute Geschwister-Scholl-Mittelschule) war die örtliche Militärkommandantur eingezogen, Kollegium und Klassen mussten zum Unterricht in die Goetheschule ausweichen. Im Seminarschulhaus lagen schon seit Anfang 1945 Verwundete, nach Kriegsende nutzte die Rote Armee das Gebäude weiter als Lazarett.

In Reichenbach, die zweitgrößte Stadt des Vogtlands gehörte zum Schulbezirk Plauen-Ost, musste die Altstadtschule neben ihren eigenen Klassen noch die der Weinholdschule aufnehmen. In die zog bis 1947 die Städtische Oberschule, später auch das Lehrerbildungsheim ein. Teilweise fand der Unterricht für die Oberschüler in den Räumen der Höheren Textilschule statt. In der Oberschule wiederum hatten die Sowjets im Februar 1946 eine Internatsschule eingerichtet.

Zwei Einrichtungen unter einem Dach, das galt auch für die Oberreichenbacher Dittesschule. Dort erhielten neben den eigenen auch die Schülerinnen und Schüler der Albertschule Unterricht. Die wiederum diente bis September 1945 als Lazarett, anschließend zog die Rote Armee ein. Unterricht fand in der Albertschule erst ab September 1947 wieder statt.

Am wenigsten aufgeregt dürften die Mädchen und Jungen der Pestalozzischule im Stadtteil Cunsdorf ihren ersten Schultag nach dem Krieg erlebt haben. Die war nämlich als einzige in Reichenbach ohne Fremdbelegung geblieben.

PbK, Zitate: Stadtarchiv Plauen, Arch.-Nr. 344, 338; Archiv Vogtlandkreis , Akte 34

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